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Wein in der Bushütte: Eine Genusstour durch die Südsteiermark

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Wein in der Bushütte: Eine Genusstour durch die Südsteiermark

Wir haben eine Woche Urlaub in Österreich gemacht. Nach einem Kurztrip nach Graz führte uns unsere Tour in die Südsteiermark. Von dort ging’s weiter nach Schladming. Und den Schlusspunkt setzte ein Romantikdate im Steirereck am Pogusch. Die landschaftliche Schönheit unserer zweiten Station – der Südsteierischen Weinstraße – ist natürlich hinlänglich bekannt. Und dass die Region ein Dorado für Genussmenschen ist, ist auch nicht neu. Wieviele Attraktionen die Südsteirische Weinstraße aber tatsächlich bereit hält, hat uns dann doch überrascht. Hier unsere Tipps.

# Highlights am Wegesrand

Corona hat natürlich auch der südsteierischen Gastronomie einen massiven Dämpfer versetzt. Nicht zuletzt den oft im Nebenerwerb geführten Buschenschanken. Am Weingut Pilch (Ottenberg 34) reagierte man auf den Lockdown aber äußerst kreativ. Da die Gäste nicht zum Wein kommen konnten, musste der Wein eben zu den Gästen kommen. Darum stellte man Weinfreunden, die allein oder in Begleitung an der vorübergehend geschlossenen Buschenschank vorbeikamen, einfach eine Genussstation in Form einer „Bushütte“ samt gut gefülltem Wein-Kühlschrank, Gläsern und Sitzmöglichkeit zur Verfügung. Am windgeschützten Tisch am Straßenrand haben maximal fünf Leute Platz. Ein Achtl vom wirklich sehr guten Wein kostet 2,50 bis 3 Euro – die ehrliche Gäste selbst in die bereit gestellte Kassa werfen. Die Weine können hier auch flaschenweise gekauft werden, sie sind in der Genussstation aber etwas teurer als Ab Hof. Die kleine Hütte hat übrigens immer noch geöffnet – vom Vormittag bis in die Abendstunden, parallel zur Buschenschank.

Vom Grenztisch bei Glanz an der Weinstraße kann man nicht nur einen Blick über die Landschaft, sondern auch in die Geschichte werfen. Der runde Tisch steht nämlich exakt zur Hälfte in Österreich und zur Hälfte in Slowenien. Errichtet wurde er 2013 als Treffpunkt für den kulturellen Austausch an einer bis in die 1990er streng bewachten Grenze. Als ehemals trennendes Element soll diese nun als Verbindung zwischen den Staaten, Kulturen und Menschen sichtbar gemacht werden. Natürlich kann man sich am Grenztisch auch niederlassen und hier was essen. Die Steinstühle sind aber nicht sonderlich bequem.

Nur wenige Fahrminuten vom Grenztisch entfernt, liegt auf slowenischer Seite die sogenannte Herzerlstraße. Einen tollen Ausblick auf die Fahrbahn, die sich tatsächlich in Herzform durch die Weingärten schlängelt, hat man vom Weingut und Buschenschank Dreisiebner (weitschichtig verwandt mit den österreichischen Winzerfamilien dieses Namens). Dort bittet man um 2 Euro Fotospende oder zumindest um die Bestellung eines Glas Weins. Wir haben uns für Letzteres entschieden – was sich allerdings als Fehler herausstellte. Nächstes Mal zahlen wir die 2 Euro.

Außerdem befindet sich in der Nähe die größte Weintraube der Welt. Die Glasskulptur auf dem Eorykogel bei Glanz an der Weinstraße hat es mit ihren fünf Metern Höhe und vier Metern breite tatsächlich ins Guinness-Buch der Rekorde geschafft. Uns haben die 366 bunten Glasbeeren, die alle Tage des Jahres (plus einen weiteren Tag in einem Schaltjahr) symbolisieren, allerdings nicht sonderlich beeindruckt.

Insbesondere Familien mit Kindern dürften am dienstags bis sonntags geöffneten Bärenhof Berghausen nicht vorbeikommen. Am privat geführten Gnadenhof für ehemals geschundene Braunbären aus Europa und Asien leben aber auch noch andere Tiere: Bisons, Ponys, Schweine, Ziegen oder auch Hasen, die (im Gegensatz zu den Bären) auch gefüttert werden dürfen. Für die Bären mag der Ruhestand in den zum Teil weitläufigen Gehegen zwar ein Gnadenakt sein. Wir fanden den Anblick der träge wirkenden Raubtiere hinter verrosteten Gitterstäben trotzdem irgendwie deprimierend. Aber das soll jeder für sich beurteilen.

# Einkaufen und Verkosten

Zwar keine Sehenswürdigkeit im klassischen Sinn, aber durchaus einen Besuch wert ist die Vinofaktur Genussregal bei Vogau. Hier kann man normalerweise nämlich viel über Wein und Kulinarik in der Südsteiermark erfahren. In einer interaktiven Ausstellung werden den Besuchern Spezialitäten aus der Region anhand von Filmen, Hörstationen und Schautafeln nähergebracht. Aber es bleibt nicht bei der Theorie. Ausgerüstet mit einem Löffel verkostet man Kernöl- und Essigvariationen, Honig, Destillate, Eingelegtes, Schinken, Schokolade oder Weine. Normalerweise. Als wir dort waren, war die Ausstellung infolge von Corona leider geschlossen. Also blieb uns nur der riesige Shop, der Weine aus der gesamten Steiermark sowie aus Slowenien im Sortiment hat. Einkaufen wollten wir dort aufgrund der doch recht deftigen Preise aber nicht. Und für ein (ebenfalls leicht überteuertes) Achtl Wein im angeschlossenen Lokal war es noch zu früh am Vormittag.

Apropos einkaufen. Wer Geselchtes, Selchwürstel, Verhackertes, Käferbohnen, Kürbiskernöl und kreative Chutneys zu günstigen Preisen besorgen will, ist bei Thomas Bernhard bestens aufgehoben. In Bernhards Bauernladen in Gersdorf bei Spielfeld wird man zudem wirklich freundlich bedient. Wir durften mit dem Seniorchef in den Kühlraum, wo wir uns das gewünschte Fleisch aussuchen konnten. Und Julia fühlte sich sogar in ihre Kindheit zurückversetzt, weil sie wie früher beim Fleischhauer ein Stück vom fein heruntergeschnittenen Geselchten kosten durfte.

Genussvoll einkaufen kann man aber auch in der Brauerei Leutschach. Im größten Hopfenanbaugebiet Österreichs braut Familie Dietrich seit 2008 feine Craftbiere, die im angeschlossenen Bierpub unfiltriert ausgeschenkt werden. Für Hungrige gibt’s dazu Weißwurst und Brezen. Wir haben uns aber an die eigentliche Spezialität des Hauses gehalten und das Rossbier (ein helles Zwickel), das Ginsengbier, ein Weinbier (dem in einem speziellen Gärverfahren ein Weißburgunder von Erwin Sabathi beigemengt wurde) sowie das Pale Ale verkostet. Alles wirklich empfehlenswert. Wer mehr über die Bierproduktion erfahren möchte, kann sich außerdem durch die Brauerei führen lassen (ab vier Personen) oder das 1. Steirische Hopfenmuseum besichtigen. An Wochenenden werden zudem Brauseminare angeboten.

# Wandern und die (Produkte der) Natur genießen

Das sollte man in der Südsteiermark unbedingt machen. Allein schon, weil sich entlang der Wanderwege zahlreiche Weingüter und Buschenschanken als Labstellen anbieten. In den meisten Beherbergungs- und auch vielen Gastrobetrieben sowie bei den Tourismusinformationen liegt die 68-seitige Broschüre „Wandern und spazieren in der Südsteiermark“ auf. Darin finden sich mehr als 30 Haupt- und zahlreiche Nebenrouten an der Südsteirischen Weinstraße und im Raum Gamlitz sowie etliche Ausflugstipps. Wir empfanden das Heft als sehr informativ. Hilfreich bei der Orientierung ist aber auch die Website www.suedsteirischeweinstrasse.com/de/wandern. Mittels einer kostenlosen App kann man Wandernadeln erwandern.

Wir haben uns jedenfalls für den Weinwanderweg Ratsch-Ottenberg entschieden. Die Rundroute erstreckt sich eigentlich nur über etwas mehr als 12 Kilometer und sollte auch für konditionell weniger gestählte Wanderer keine unüberwindliche Herausforderung darstellen. Da die Hinweischilder entlang des Wegs aber nicht durchwegs gelb und auffällig, sondern ausgerechnet im Wald auch mal schwarz (!) sind, haben wir ein paar davon übersehen. Darum haben wir etwas mehr als 17 Kilometer zurückgelegt. War aber auch kein Problem. Die Landschaft ist traumhaft schön.

Unterwegs gerastet haben wir bei diversen Weingütern und Buschenschanken. Etwa beim Weingut Gruber (Am Ottenberg 18) oder beim Weingut Marko (Ottenberg 3), das mit dem „Sauvignon Blanc Ehrenhausen“ 2019 steirischer Landessieger wurde. Wunderbar jausnen und dabei den Ausblick auf den Naturpark Südsteiermark genießen konnten wir im Gastgarten von Winzer Robert Zweytick (Ratsch an der Weinstraße 7). Bei Letzterem kann man übrigens auch nächtigen.

Das renommierte Weingut Gross wäre zwar auch an unserer Wanderroute gelegen. Wir haben uns von den überregional bekannten Großbetrieben aber bewusst ferngehalten, weil wir kleinere Betriebe entdecken wollten. Besonders angetan waren wir (also Bernhard) zum Beispiel vom Weingut Uhl direkt in Ratsch an der Weinstraße. Winzer Franz Uhl ist ein sympathischer Querulant. Und das aus Überzeugung, weil er das seit Kurzem in der Steiermark gültige DAC-System aus tiefstem Herzen ablehnt. Keiner seiner Weine sei weniger gebietstypisch als der andere, betont er. Und dass er was vom Weinmachen versteht, können wir bestätigen. Vom hervorragenden Rose bis zum Muskateller-Frizzante mit zartem Rosenholz-Aroma haben wir sein Sortiment einer eingehenden Prüfung unterzogen.

Ein kleiner Tipp: Wir hatten zwar Glück und fanden an jedem Weingut, das uns interessiert hat, jemanden, der uns Weine verkosten ließ. Manche Betriebe bieten Degustationen aber nur gegen Voranmeldung an. Und manche haben montags schlichtweg geschlossen – wie etwa das Weinwirtshaus und Weinhotel Maitz (Ratsch 45) oder das Weingut Kögl (Ratsch 59), die beide sehr einladend ausgesehen hätten.

Für andere Wanderrouten fehlte uns leider die Zeit. Wobei uns das im Fall der idyllischen grenzüberschreitenden Heiligengeistklamm besonders leid tat. Und auch die 10,5 Kilometer lange Minigolf-Tour bei Leutschach, bei der man bergauf, bergab von Minigolf-Bahn zu Minigolf-Bahn wandert, wäre vermutlich amüsant gewesen.

# Unsere Buschenschank-Hitliste

Buschenschank-Betriebe gibt es an der Südsteirischen Weinstraße wie Sand am Meer. Unsere Hitparade ist darum natürlich eine höchst subjektive. Zumal drei Tage nicht annähernd ausreichen, um sich einen echten Überblick zu verschaffen. Und natürlich haben wir uns höher gelegene Betriebe herausgepickt, von denen man eine traumhafte Aussicht auf die umliegenden Weinberge genießt.

Sehr empfehlen können wir da etwa den bereits erwähnten Robert Zweytick in Ratsch a. d. W. Im Gastgarten über einem Weingarten wird zwar klassische Heurigenkost serviert. Das aber auf sehr raffinierte Weise: Geselchtes, Aufstriche und Käferbohnensalat kommen als „Herzhafte Trilogie“ (17€) in einer dreistöckigen Etagere an den Tisch. Zudem sind die Weine hier wirklich hervorragend. Wir empfehlen den Weißburgunder und den Gelben Muskateller.

Gut gefallen und geschmeckt hat es uns auch am Weingut Tinnauer (Labitschberg 42 bei Gamlitz). Die Brettljause für einen (7,80€) reicht locker für zwei und die Buchteln mit Nougatfülle und Vanillesauce (3,80€) sind ein Traum. Auch hier haben uns Weißburgunder und Gelber Muskateller überzeugt.

Eine Kombination aus Buschenschank und kleinem Restaurant hat man am Steinberghof des Weinguts Firmenich (Wielitsch 62) etabliert. Ohne Reservierung ist es hier vor allem abends sehr schwierig, einen Tisch zu ergattern. Das mag zwar mit der großartigen Aussicht zu tun haben. Hervorragend bewertet ist aber auch die kreative wie bodenständige Speisekarte. Wir haben hier etwa Steinberger Speckzwetschn mit Salzbuchterln (6,80€), gebackene Zwiebeltascherl mit Speckkrautsalat (9,50€) oder gebratenes Schweinsbrüstl mit Senf, Kren und Bratlfettn gegessen. Achtung: Die Buschenschank ist nur von Freitag bis Montag geöffnet.

Sehr gut (und viel) gegessen haben wir beim Weingut Gallunder (Wielitsch 98), das wochentags ab 14 Uhr geöffnet ist. Hier sind etliche Gerichte in kleinen und „normalen“ Portionen auf der Karte angeschrieben. Wobei man das Wort „normal“ nicht überbewerten sollte. Das riesige normale Selchwürstelbrot mit Verhackert und Kren (5,30€) hat uns etwa komplett überfordert. Was aber auch daran gelegen haben könnte, dass wir vorher eine kleine saure Presswurst (5,20€), einen kleinen gemischten Salat (3€) sowie eine gar nicht mal so kleine Brettljause (5,80€) verdrückt haben.

# Fein essen

Dazu gibt es an der Südsteirischen Weinstraße natürlich ebenfalls etliche Möglichkeiten. Besonders hervorheben möchten wir aber das Ratscher Landhaus (das sich auch als Genießerhotel einen Namen gemacht hat). Hier isst man im Gegensatz zu anderen namhaften Betrieben fein – aber zu moderaten Preisen. Auf der mannshohen Speisekarte, die infolge der Corona-Auflagen im Schanigarten auf Rädern von Tisch zu Tisch geschoben wird, stehen regionale Klassiker wie Rindfleischsulz mit Kernöl (8,90€), Steirisches Backhendl (11,90€) oder geschmorte Rindsroulade mit Erdäpfelstampf und Rotweinsauce (17,50€). Als Desserts serviert das zuvorkommende Personal unter anderem Creme Brulee mit Himbeereis und Kürbiskernzwieback (6,60€), Schoko-Nuss-Souflee mit Pfirsichschaum (8,20€) oder Marillenkuchen mit Mandeln (3,50€). Ganz besonders auf ihre Rechnung kommen hier aber vor allem Wein-Fans. Denn im Ratscher Landhaus hat man die Wahl aus 600 Weinen.

Sehr interessiert hätten uns auch die Magnothek am Zieregg, in der Wein aus Großflaschen und gehobene Wirtshausküche auf den Tisch kommen. Sowie „Das kleine Wirtshaus“ von Lilli & Jojo in Sulztal, in dem Haubenkoch Joachim Gradwohl und seine Partnerin Lilli Kollar seit Kurzem steirische Klassiker interpretieren. Beide Häuser werden von der Fachpresse hervorragend bewertet. Kurzfristig haben wir aber leider keinen Tisch ergattert.

# Übernachten am Weingut

Was das betrifft, können wir das über booking.com reservierbare Weingut Primus am Grassnitzberg wärmstens empfehlen. Zum einen sind die nach Weinsorten benannten Zimmer groß, gemütlich und sauber. Zum anderen gibt es ein zwar einfaches, aber makelloses Frühstück. Und auch die Lage am Ende einer kaum befahrenen Zufahrtsstraße ist traumhaft. Hier sitzt man abends über idyllischen Weingärten und lässt bei einem Achtel aus dem Self-Service-Kühlschrank den Blick über die Region schweifen. Fast schon kitschig. Apropos: Sowohl die klassischen Orts- als auch die gehaltvolleren Riedenweine der Hausherrn Christian und Thomas Polz haben uns restlos begeistert. Die Preise – sowohl für Zimmer mit Frühstück als auch für die Weine – sind moderat. Wir würden jedenfalls jederzeit wieder hier buchen – und einkaufen.

In diesem Sinne: Eine wunderbare Zeit in der Südsteiermark – und zum Wohl! 😉

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